Von Bullen und Bären

Da geht doch noch was

Um mich von anderen Banalitäten *räusper* im Hier und Jetzt kurz abzulenken, mal eine Story aus einem anderen Leben. Damals, als ich noch Polizist sein durfte.

Um es vorweg zu sagen: Polizist war mein Traumberuf! Bergen, Schützen, Helfen, Retten – genau mein Ding. Aber es war/ist, wie so oft in meinem Leben, mit Kompromissen behaftet, die ich nicht eingehen wollte oder gar konnte.

Hamburg – Veddel – nachts um 1:00 Uhr

Wir fahren Streife. Ich war noch Frischling … grad einmal 3 Monate im „offiziellen“ Dienst nach der Prüfung. Ich musste demnach hinten sitzen und hatte vorn – wie jeder Frischling – einen sogenannten Bärenführer. Bärenführer sind meist alt gediente Streifenpolizisten, die mit ihrer Erfahrung den Frischling in alle Eventualitäten des Dienstes einführen sollen. Da gibt es, wie in jeder Beziehung, gute und schlechte oder besser motivierte und abgetakelte Stücke. Mein Exemplar war eher letzteres auf dem durchgesessenen Beifahrersitz eines Ford Taunus mit gut 300tsd Kilometern auf der Uhr. Der Sitz wie auch mein Bärenführer  😊

Das oder die Veddel. Das sind Hochhaus-Siedlungen, in die eine Straße rein- und die gleiche Straße wieder rausführt. Nur knappe 5qm-Kilometer groß. Eine multikulturelle Insel kurz vor den Toren Hamburgs. Bahngleise und Industrie, Moloch + Pack-schlägt-sich/Pack-verträgt-sich + Ghetto + Bandenkriminalität. Aber eben auch in der Mehrzahl ganz normale Menschen, die Tag für Tag zur Maloche gehen, um sich zumindest diesen Wohnort leisten zu können oder auch hier aufgewachsen sind – im Veddel.

1:00 Uhr nachts: Mal nix los auf den Straßen im Veddel. Wir steigen aus und schreiben Tickets. Etwas zu nah am Überweg gehalten. In der Kurve oder auf dem *nicht hier* Seitenstreifen geparkt. Halteverbot nicht eingehalten oder sowieso ein echt hässliches Auto – da findet sich schon was. Nachts – um 1:00 Uhr im Veddel.

Da geht doch noch was

Für Hamburger Verhältnisse und zudem die Veddel Ghetto Community war es eine echt ruhige Nacht. Ergo sind wir gegen 4:00h morgens wieder in diese Straßen eingebogen. Der Kollege und mein Bärenführer stiegen aus, zückten die Blöcke und wiesen mich an, es Ihnen gleich zu tun.

Wissen sollte man dazu, dass es in der damaligen Gebührenordnung einen erheblichen Unterschied machte, ob man ein Ticket für „falsch Parken“ erhielt oder es ein Ticket für „falsches Dauerparken“. Dauerparken begann damals bei über 3 Stunden. Da wir nach der Ticketsause von 1:00h pünktlich um 4:00h wieder im Veddel auftauchen, würde dieses Manöver reichlich Kohle in das Stadtsäckel spülen.

Damals – als Frischling – wusste ich noch nichts von sogenannten „Punktelisten“ oder „Verdienstpunkten“. Für mich machte es einfach keinen Sinn. Wer um 1:00h falsch parkt, der parkt mit Sicherheit auch noch um 4:00h falsch. Ich weigerte mich. Kollege und Bärenführer laberten auf mich ein. Worte wie Staatsgewalt und Fehler der Anwohner. Rücksichtslosigkeit im Straßenverkehr und pipapo fanden den Weg zu meinem Gehörgang – aber nicht zu meinem Gehirn.

Morgens um 4:00h – das Veddel im Tiefschlaf?

„Die pennen hier alle - wo ist der Sinn?“ Es ist müssig zu erzählen, dass ich a) in der Minderheit und b) auf verlorenem Posten stand. Ich trollte mich schmollend wieder in den Streifenwagen und meine Kollegen machten ihre Runde. Eine gute Stunde später und jeder um zwei Abrissblöcke leichter kamen die Kollegen wieder. Wir fuhren wortlos zur Wache. Dort brachte mich mein Bärenführer zum Wachhabenden und unterstellte mir Strafvereitelung im Amt.

„a star was born“ … ich durfte von da aus für einige Wochen nur Berichte tippen und mich mit der Inneren unterhalten. Damals wie heute durchaus bockig, wenn ich den tieferen Sinn einer Unternehmung nicht verstand, waren meine Tage an dieser Wache gezählt. Ich wurde „strafversetzt“ ins Rotlicht-Viertel. Rückblickend betrachtet hätte mir nichts Besseres passieren können …

… to be continued