Speed is only a question of money ...
"... how fast will you go?" (#madmax)
An sich stand ja Arbeit auf dem Programm - as usual.
Aber irgendwie läuft es nicht so, wie ich es gern hätte. Covid-19 macht noch immer Ärger. Die Buchhaltung geht mir auch derbe auf den Tinnef und neue Artikel zu „bauen“ ist im Moment auch keine Ablenkung. Ergo mal ein paar Jahre/Jahrzehnte zurück, um dadurch Kraft zu tanken.
DOMOLS
Schon 1968 auf dem Fahrrad auf dem Weg zur Schule im Hinterland von Dithmarschen hatte ich beschlossen: irgendwann überholt mich hier keiner mehr!
Das Bonanza-Rad (quittegelb mit Fuchsschwanz) wich einer auch quittegelben Hercules-Mofa und bald danach kam ein sogenanntes Leichtkraftrad. Eine Hercules UItra 2LC. Das LC stand damals für Liquid Cold --- mit Wasserkühlung. Das absolute NON-PLUS-ULTRA im Jahre 1978!
110km/h hatte die Karre geschafft. Berg runter – bäuchlings lang hingelegt auf der Sitzbank und ausgestreckten Beinen, mit den Füßen hinten auf den Blinkern auch mehr. Die Lenkung war allerdings vom anderen Stern. So ab 90km/h ist die LC jeder Spurrille gefolgt, wie die Kinder dem Rattenfänger. Erst Jahrzehnte später hatte ich begriffen, dass ein 160er Reifen „VORN“ sehr viel spurstabiler ist, als ein Reifen in KINDERFAHRAD-Größe für ein Moped. Ok - Schwamm drüber. Ich habe es ja überlebt!
Aber schon hier, in jungen Jahren, nahm das Unheil Gestalt an. Mopeds von der Stange. Nicht mein Ding. Mein Dealer von der Tanke (kommt noch öfter ins Spiel), ein gewiefter Schrauber, konnte Abhilfe schaffen. Ich bin ziemlich sicher, dass die Karre wenig später die Schnellste und in Sachen Straßenlage die Sicherste ihrer Art war. Nun natürlich auch noch umlackiert. Damals noch unschuldiges Weiß --- aber immerhin mit Flammen. 80er halt 😊
650 Kawasaki LTD Cup
Natürlich habe ich alles gelesen, was es über Motorräder auf dem Markt zu lesen gab. Und - by the way - es gab da noch kein Internetz. Ich wollte diese ultimative Maschine, diese eine. Mein Thunderbike, sobald ich den Lappen dafür in Händen hatte. DOMOLS gab es noch die „freiwillige PS-Beschränkung“ in Deutschland bis maximal 100PS (bis 1999). Ich war also 1979 mittendrin in dem Dilemma. Ich wollte mehr!
Wie es so auf dem Dorf ist - jeder kennt jeden. Und der Sohn eines Bauern hatte genau diese Maschine im Stall stehen. Die 650er Cup war eine Rennserie für die Straße. Zwar auch nur 82PS, aber im Renntrimm leichter als jedes vergleichbare Serien-Fahrzeug. Nur 2000 Stück wurden damals davon hergestellt. Die hier fristete ihr tristes Dasein im Stall. Genauer gesagt im Schweinestall. Mit Gülle und Schweinescheiße bis zum Motor bedeckt. In einem Mitleid erregenden Zustand. EGAL - ich war verliebt!
Die Karre kostete damals neu 8.200 DM. Ich hatte nun „meine“ für 5.000 DM cash aus dem Schweinestall gerettet. Völlig überbezahlt - ich weiß - aber MEINS! Mit Tore schiessen, Rasenmähen, Auto-Putzen und Botengängen + ein wenig Sponsoring meines Vaters bezahlt.
Und ich schrubbte. Und ich wusch. Ich verbrauchte mehr Stahlwolle als die hiesige Tankreinigungsfirma und Polierwolle wurde knapp in meiner Heimatstadt. Die völlig durch Gülle verrotzten Motorschrauben besorgte mir "mein Dealer von der Tanke" in feinstem Zustand. Ein Galvanisierungsbetrieb, dessen Leiter der Schwager des Neffens eines Bruder von irgendeinem Skatfreund meines Vaters war, sorgte sich um die Speichenfelgen und deren Laufkultur. Kurzum … ich brauchte knapp 6 Monate, bis die Karre startklar war. Meine Karre - mein Eintritt in eine Welt ohne Grenzen.
PS: die zum Anbeißen leckere Dame auf der Karre wurde übrigens meines erste Frau. Fast 10 Jahre hat sie es mit mir ausgehalten. Danke dafür!
Apropos Dealer meines Vertrauens von der Tanke: kennt ihr das noch? Bin ja über Jahre zuvor diese Zweitakter mit dem 1:50 Gemisch gefahren. Und bei uns auf dem Dörben hatte die Tankstelle so eine Zapfsäule an der Tanke mit zwei Aufsätzen. An der Kasse haste für einfoffzich zwei Token bekommen, hast den Rüssel in den Tank gehalten und den ersten Token in die Öffnung links der Zapfe gesteckt. Danach den Rüssel gewechselt, wieder in den Tank rein und den zweiten Token in die Öffnung rechts von der Zapfe. Und fertig war die stinkende 1:50 Pampe 😊
Grenzenlos
Führerschein in Dithmarschen? Wo du schon mit 7 Jahren einen Trecker und mit 11 Jahren ein Auto mit Lenkradschaltung fehlerfrei fahren kannst. Zumindest wenn der Sitz nah genug an den Pedalen ist oder Du die 12cm Holzklötze mit den Lederriemen an die Schuhe bekommst. Und ein Freund eines Freundes auf dem Dorf ist „natürlich“ Fahrlehrer. Kein Problem: in 4-5 Fahrstunden war der Lappen klar. Inkl. Auto, Motorrad bis hin zum LKW mit Anhänger. Was kostet die Welt …
Ich war es ja so gewohnt. Kurze Hose, T-Shirt und Badelatschen waren die Grundausstattung auf dem Leichtkraftrad. Nun war es aber eine echte Rennmaschine - eine Cup-Version. Leistung ohne Ende für damalige Verhältnisse. Meine erste Fahrt mit dem gewohnten Dress brachte mich auf´s Polizeirevier. Zumindest ein Helm statt der Sonnenbrille wurde gefordert.
Von da an stand ich ein wenig unter Beobachtung, was so mein Outfit betraf. Wenig später schoss ich mich mit der Karre das erste Mal von der Bahn. Nicht, weil ich nicht fahren konnte. Es war einfach nur kindliche Blödheit. Endlich wurdest Du mit einem Motorrad auch von anderen Bikern akzeptiert. Tausende Male hatte ich auf dem Mofa oder dem Moped lässig die Hand zum Biker-Gruß gehoben. Nie wurde dies erwidert. Jetzt aber – jetzt musste es klappen. Ist nur blöd, wenn dieser Gehirnfurz dich bei 170km/h überfällt. Du den linken Arm zum Gruß hochreißt. Es dir über den plötzlichen Luftwiderstand den Arm nach hinten und damit den Lenker verreist und Du statt in die Kurve einfach geradeaus in ein frisch gedüngtes Ackerfeld ballerst. Und schon wieder lagen wir, diesmal gemeinsam, in der Gülle.
Der andere Mopedfahrer drehte bei und kam zurück. Mir war nichts passiert – Schlamm und Scheiße dämpfen ungemein. Da es noch keine Handys gab, ist der Typ in die Stadt gegurkt, hat Meldung gemacht und wenig später kamen Jan (mein Dealer von der Tanke) und ?? noch einer mit dem Trecker und die Kawa wurde auf den Hänger gehievt.
Einmal mit Alles – schaaf!
Frisch durch die Jauche gebrezelt, betrachtete Jan nun den Schaden. An sich macht er ja nur in Traktoren – aber Schrauber ist halt Schrauber. Wir sprachen kurz drüber, ob ich die Karre wieder aufgebaut haben wolle. Klares Ja. Es wurde ein wenig telefoniert. Es wurde bestellt und mit etlichen Bata Deals was eingefädelt, an denen mein Vater großen Anteil hatte (erst viel später kam das raus!).
Gute 5 Wochen sah ich weder meine Karre noch Jan. Die Werkstatt hinter der Tanke war zugehängt. Das war der Deal: „Lass mich mal machen – stör nicht!“ Die Wochen auf dem Fahrrad – mitten im Sommer – waren die Pest. Mein Vater ließ mich ackern wie blöd und auch meine Mutter hatte eine nicht endend wollende Aufgabenliste für mich.
Irgendwann stand Jan mit dem Trecker vor dem Laden meiner Eltern und grinste frech: „Bock auf Bock?“ Das Ergebnis war so überwältigend, dass ich mich damals wirklich vor Freude eingenässt habe.
Für Freunde der „Uralt-Technik“ der 80er: Lenhard&Wagner 4:1, Tomasseli Stummel, Leichtmetallfelgen (der damals neuste shit!!) und das gesamte Fahrwerk auf Koni aufgebaut nebst neuer Sitzbank. Dazu noch ein Bohrkit (damals keinen Dunst – ich vertraute meinem Dealer), der die Karre von nominell 82PS auf etwa 100PS brachte – am Hinterrad! Bei 12kg weniger Gewicht als im Originalzustand. Ein Hammergerät – a star was born!
Und nun mal das geistige Auge auf Empfang :-)
Der Junge, der bis dato nie Grenzen hatte und immer erst, wenn Blut kam, mal ein wenig nachdachte, fuhr dann mit genau dieser Karre zum Eignungstest der Polizei Hamburg. Die 4:1 Auspuffanlage war so laut, dass die in der Mensa alle wussten … da kommt noch einer! Auch wenn ich gut 15min zu spät war. Schwarze Boots, schwarzes Leder bis zum Hals, Tankrucksack geschultert und lange blonde Haare bis zum Arsch. Ich stieß die Tür zur Mensa auf: Mit einem lauten „Sorry – war Stau“ latschte ich durch den Raum und ließ mich auf einen freien Platz ganz vorn plumpsen.
Erwartungsvoll blickte ich hoch, weil es absolut totenstill war. Drei Polimanzisten im vollen Brokat-Ornat starrten mich an. Einer erhob wenig später das Wort, zunächst ganz leise: „Der kommt zu mir!“ Dann sehr viel lauter direkt in meine Richtung: „Dich krieg ich!“
Der Beginn einer ultimativen Hassliebe mit PHK Rollenhagen für die nächsten 1.124 Tage (ja - ich habe sie gezählt!). Das ist aber eine andere Geschichte. Hier geht es ja nur um Mopeds und da kommen noch drei absolute Granaten!
To be continued mit #enterthedragon
#staysafe #stayhungry #neverquit