Schweißgebadet aufgewacht. Mitten in der Nacht. Alp geträumt. Von langsam brechenden braunen Hundeaugen. Raus aus dem Bett --- etwas benebelt am Türpfosten abgeprallt und die gesamte Lightshow im Wohnzimmer binnen Sekunden auf volle Leistung gebracht.
SAM macht müde die Klüsen auf, gähnt herzhaft und kuschelt sich wieder in seine Mulde: „Alter – noch ganz frisch? Mach Licht aus du Pfosten!“
Dieser Traum beschäftigt mich nun schon einige Tage, in denen nun die Schwellung durch den heftigen Kontakt mit dem Türpfosten auch langsam abschwillt.
Hundebesitzer
Ich hole mal ein ganz klein wenig weiter aus. Mein ganzes Leben wurde durch Hunde bestimmt. Jeder Hund war – naturgemäß – der beste Hund. Ich persönlich empfinde den Begriff Hundebesitzer aber als typisches Amtsdeutsch und schon fast als Beleidigung. Leute wie wir, die wir über Jahrzehnte mit Hunden das Leben teilen, sind keine Besitzer. Wir sind Lebenspartner.
Klassische Hundebesitzer sind für mich die Typen (geschlechtlich keinerlei Differenzierung), die den Hund auf den Arm nehmen oder gar fast geprügelt die Straßenseite wechseln, wenn ein größerer Hund entgegenkommt. Hundebesitzer sehen im Hund den Kindersatz oder (noch schlimmer) das Spielzeug für die Kinder. Hundebesitzer müssen meist, auf ganz klare Frage nach dem Geschlecht des Hundes, erst einmal unter den Bauch gucken?
Hundebesitzer schreien Ihr Tier gern an und reißen an der Leine: „ … das sollst Du doch nicht tun! Pfui – aus –pfui … hörst Du. Wie oft muss ich dir das noch sagen! Aus. Aus jetzt!“ Hundebesitzer sagen gern: „Kleiner Hund – kurze Beine = kurze Runde – braucht nicht viel Auslauf!“ Hundebesitzer zahlen artig die Steuer und sind bei Tasso angemeldet, falls das Tier mal weglaufen sollte.
Hallo Hundebesitzer: ein als gleichwertig erzogener und akzeptierter Lebenspartner läuft nicht einfach weg! Der muss auch nicht angeschrien werden. Der versteht durch Zeichen, Gesten oder kurze klare Ansagen, was Sache ist. Dieser Partner diskutiert dann auch nicht. Dieser Partner weiß, dass es jetzt richtig und – vor allem – jetzt notwendig ist! Auch ohne fettige Leckerlis!
Hunde haben von Haus aus kein Wetter-Empfinden. Auch Hunde mit kurzen Beinen müssen und sollten ausgiebig beschäftigt werden. Auch Hunde haben ein geschlechtsspezifisches Verhalten. Und kleine Hunde haben nicht von Haus aus Angst vor großen Hunden. Für all die zuvor beschriebenen Fehler (und noch etliche mehr) sorgst allein Du als Hundebesitzer!
Nun zurück zum Hundeleben
Jeden meiner Hunde hatte ich als Welpen in Empfang nehmen dürfen. Mit jedem meiner Hunde habe ich fast alles geteilt. Bei jedem meiner Hunde wusste ich (bei jedem weiteren mehr!), das die ersten 3-6 Monate dem Spiel- und Erkundungstrieb geschuldet sind. Die nächsten 8-12 Monate dem Erlernen der grundsätzlichen Befehle mittels spielerischer Beschäftigung in zielgerichteter Weise. Zwischendurch kommen immer wieder, grad im Alter von 7-14 Monaten die „sogenannten“ Flegelzeiten (auch hier keine Differenzierung nach Geschlecht) und dann ist sprichwörtlich Ruhe im Karton!
Ein Hund, der liebevolle Führung hatte, diese Führung kennt und solche Führung tagtäglich erfährt, verlernt nichts mehr. Ein Hund überlegt nicht – ein Hund weiß!
SAM hat nun knapp 15 Jahre mit mir verbracht. Div. Trennungen und Scheidungen, Existenzverluste und damit gepaart Ortswechsel mit mir erlebt. Er war vor meiner Krankheit – während und danach an meiner Seite. Er hat ein Leben im Luxus, im Auto, in Baracken und anderen kurzweiligen Unterkünften mit mir gemeinsam bestritten. Wir sind gemeinsam in Luxus-Restaurants zum Diner gegangen und haben uns auch Hundefutter aus der Dose brüderlich geteilt. Radtouren (ohne störende Leine) über Hunderte von Kilometern werden mir immer im Gedächtnis bleiben.
Er war und ist immer da – egal, was in meinem Leben grad passierte. Dieses Tier ist, wie alle Tiere vorher, der Inbegriff von Loyalität und Zuversicht (ich schließe hier auch meine Katzen ein!).
Langsamer Abschied
Im Gegensatz zu allen Hunden vorher (Krebs/Überfahren) habe ich heute das Privileg, diesen Partner wahrscheinlich bis an sein Ende begleiten zu dürfen. Ich kann mich darauf vorbereiten und alles tun, um diese immense Kraft, dieses Vertrauen, welches mir dieses Tier über die Jahre gegeben hat, zumindest im Ansatz zurückzuzahlen.
Für einen 44kg Kerl sind 15 Hundejahre schon echt ne Nummer. Sein Krebs (unheilbar) wird langsam aber sicher schlimmer. Wir brauchen einen Tragegurt, um Treppen unfallfrei zu schaffen. Ohne Rampe schafft er es nicht mehr ins Auto und „Spielen“ ist heute auch schon viel zu anstrengend.
Aber er ist immer da. Immer aufgeweckt – immer in meiner Nähe. Auch den Umzug jetzt ins neue Lager hat er ohne Wenn oder gar Aber weggesteckt. Neugierig wie immer durchstreift er langsam alle Hallen. Er spürt, ob es mir gut oder schlecht geht. Er hört immer noch auf kurze Zeichen und hat nie schlechte Laune. Er ist einfach ein weiterer geiler verlässlicher Partner! Und ich werde auch bei ihm beim "Brechen" der Iris an seiner Seite sein. Das bin ich auch diesem Partner schuldig.
Tenor: Liebe, Vertrauen, Führung, Verständnis, Respekt. Jedes Lebewesen hat einen natürlichen Anspruch darauf. Völlig egal, welche Spezies, welche Rasse, welches Geschlecht, welche Religion.
Take care und denkt drüber nach!