ERWISCHT

Sicher kennt jeder diese Augenblicke, nach denen es einen dürstet, das Erlebte sofort loszuwerden. Dies ist solch einer bei #MeinerEiner gerade  😊

Ausgangslage: Ich habe Unrecht begangen, gegen geltendes Recht verstoßen und bin dafür gemaßregelt worden. Nun könnte man die Geschichte beenden und Stille walten lassen.

Nicht so ich

Sicher ist dem einen oder anderen geneigtem Leser bekannt, dass ich einige Jahre mit Leib und Seele Bulle, also Polizist bzw. Scherge und auch Straßenräuber in Personalunion war. Einige Jahre vor meinem Bruch mit dieser Institution dann nur noch mit Leib … aber gut: das war ein anderes Leben.

Heute nun, wie fast jeden Tag, fuhr ich mit dem Rad von der Arbeit ins Home-Office. Ich hatte wie immer die Wahl zwischen einem völlig baufälligen Radweg mit 1,20m Breite von anno dunnemals auf der rechten (korrekten!) Straßenseite mit ca. 45 Ein- und Ausfahrten der Anwohner oder dem Befahren der Bundesstraße auf der rechten (korrekten!) Straßenseite. Oder aber dem Befahren des neu ausgebauten Radwegs auf der linken Seite mit gut 3m Breite, welcher an einen gut 4m breiten Fußgängerweg ohne irgendwelche Ein- oder Ausfahrten grenzt. Leider entgegen der Fahrtrichtung. Schon klar, welche Seite ich gewählt habe.

Ihre Papiere

Kurz nach diesem feudalen Radweg, in einer Nebenstraße, wurde ich von einem Polizeiwagen bedrängt und gestoppt. Ich kramte meine Maske raus, als die Polizisten auf mich zukamen und vernahm zumindest noch ein „vorbildlich“!

Und dann kam dieser Satz, den ich schon bei meinen Ausbildern in der Polizeizeit fundamental gehasst habe: „Sie wissen, warum wir Sie angehalten haben?“ Gern dann noch getoppt vom Kollegen mit dem Nachsatz: „ …. was Sie falsch gemacht haben“?  So auch heute!

Nun muss man wissen, dass es schon in den 80´ern psychologische Seminare für die Schutzpolizei im Straßenverkehr gab. Diese und auch andere Sätze waren immer nur die kurze Einleitung, um den „Kunden“ zum Nachdenken zu bringen. Eine absolute Fangfrage, mit deren Beantwortung der Kunde keinerlei Absolution erfährt. Es zu wissen bedeutet, einen Verkehrsverstoß absichtlich/mit Wissen und Wollen begangen zu haben – somit wäre eine Ordnungsstrafe fast ausgeschlossen. Es nicht zu wissen schützt allerdings nicht vor Strafe, was wir ja alle wissen. Ergo kommt binnen 2-5sec. nach dem Eröffnungssatz der gewichtig vorgetragene Satz: „Ihre Papiere!“ Meist ohne ein „Bitte“. Das wäre im Polizeijargon eine Einladung zur Verbrüderung. Dieser Satz kam auch heute. Auch heute ohne das „Bitte“. In gut 35 Jahren hat sich die Exekutive also nicht einen Deut weiterentwickelt.

Zeit ist Geld

Nun begann ein minutenlanger Monolog des Hohepriesters in Uniform. Benjamin Blümchen gleich erklärte er mir, welche Gefahren ich mit meinem widerrechtlichen Handeln hätte heraufbeschwören können (auf einem 7m breiten Geh-/Radweg?) und dass ich mir darüber doch einmal Gedanken machen sollte.

Ich nickte durchgehend zustimmend und wartete auf eine Pause innerhalb seiner Erklärbär-Stunde. Diese war irgendwann gekommen und ich nutze meine Chance: „Was muss ich bezahlen!“ Sichtlich entrüstet trabte er zum Auto und kam mit einem EC-Gerät zurück. Da ich mir nun denken konnte, dass sich weder die Lernkurve noch die Anpassung an das digitale Zeitalter bei der Polizei geändert hatten, gab ich vor, mit meiner Uhr die verlangten 10 EUR bezahlen zu wollen. Langes Gesicht beim Schergen. „Ok – dann gern MasterCard?“ Noch längeres Gesicht bei meinem Gegenüber.

Während der Hohepriester nun in einem Heftchen die Funktionen des EC-Gerätes studieren musste, übernahm der Kollege geflissentlich die dadurch entstandene peinliche Pause. „ich habe beim Aufschlagen Ihres Portemonnaies gesehen, dass Sie auch Motorrad fahren. Ich fahre auch Motorrad und auch Auto und wir beide würden doch nie auf die Idee kommen, mit diesen beiden Möglichkeiten auf einem Fahrradweg in die entgegengesetzte Richtung zu fahren, oder“? 100% erlernte Ablenkungstaktik im Straßenkampf. Der Gegner ist nicht einsichtig oder die Truppe hat ein Problem --- jetzt geht es in die Verbrüderung. Lern-Essenz der 80´er. Ich sagte gelangweilt: „Kann ich jetzt bezahlen?“

Eine Nanosequenz

Nun kam die Benjamin Blümchen Uniform wieder mit Vehemenz aus dem Knick: „was meinen Sie, was hier los wäre, wenn jeder so denken würde, wie Sie?“ Mittlerweile hatte sich eine Scharr von Schaulustigen eingefunden. Alles Müllfahrer aus dem nahen Betrieb. Alle in gebührendem Abstand. Was aber zudem Druck auf die Polizisten ausübt – ich weiß das  😊

Blümchen kann ja nicht wissen, was ich denke und als Wissen im Hinterkopf habe. Biene Maja – sein Kollege neben mir hat es ja versucht – ist bei mir aber voll abgeprallt. Ich aber weiß aus langjähriger Erfahrung, was diese Schergen im Rahmen ihrer Möglichkeiten und unter Wahrung des Grundsatzes des mildesten Mittels machen können und auch dürfen. Einen Wimpernschlag wägte ich wirklich ab. Für mich kann in solchen Momenten ein Wimpernschlag des Nachdenkens Minuten bedeuten - bei meiner Vorgeschichte und dadurch gegebenen Impulsivität.

Ich schluckte kurz allen Speichel, der sich ob der Geschichten von Maja, Blümchen und der versuchten Verbrüderung ergeben hatten, gesamt runter: „Habe ich das Wort?“ Blümchen nickte wohlwollend und lächelnd! „Es ist mir völlig egal, was andere tun und denken. Ich habe zu arbeiten, um meine Firma am Laufen zu halten. Ihr kassiert jetzt von mir € 10,-  … erklärt mir aber mit 2 Mann hoch seit 30min die Welt! Kein Wunder, dass die Staatskasse durchweg defizitär ist! Bei mir im Betrieb müsstet ihr echt arbeiten.“

Pufffff ...

Ich wedelte mit einer Standard-EC Karte und Blümchen hielt mir erbost und wortlos das EC-Gerät hin. Ich erhielt meinen Schnipsel und Blümchen plus Maja wollten gehen.

Nun kam aber noch meine Frage: „Soweit ich weiß, muss ich Ihre Dienstnummer als Bürger jederzeit sehen können. Durch die gelben Westen sind diese aber verdeckt und auf dem EC-Beleg sind diese auch nicht erkennbar?“ Beide drehten sich schlagartig um und in ihren Gesichtern war nix mehr mit Verbrüderung zu sehen. Ich konnte es nicht lassen und schickte noch hinterher: „Sie wissen schon, was Sie falsch gemacht haben, oder?“

Johlendes Gelächter der umstehenden Arbeiter – Strike! Blümchen und Maja gingen, nachdem ich laut „Scherz“ gerufen hatte. Dieses Scharmützel werde ich gewonnen haben. Die Schlacht aber sicherlich nicht. Also die nächsten Wochen immer schön rechts fahren, junger Mann.

#bleibtgesund

Euer DAU