Eine Weihnachtsgeschichte? Drauf geschissen ....

Ich halte nichts von Weihnachten und pp. Schenken und Geben kann ich immer. Dafür braucht es kein Datum. Auch habe ich eine eher diffuse Sicht auf Not und Bettelei. Sicherlich durch meinen Vater und etwas später durch meinen Dienst als Polizist geprägt: „Wenn Du einem hilfst --- musst Du allen helfen!“

Heute, gut 45 Jahre später, meine ich, dass er immer noch Recht hat. Aber: es ist nun heute fast ein halbes Jahrhundert später. Und Dinge ändern sich. Ebenso Sichtweisen. Und ehemals oktroyierte Glaubenssätze damit auch  ……

Jedoch war ich auch mal obdachlos. Auch ich hatte mal alles verloren. Auch ich war (und bin noch) am Scheideweg zwischen Gut und Böse. Zwischen einfach fallen lassen oder wieder einmal aufstehen. Jeden Tag erneut. Jeden fuck…. day aufs Neue.

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Heute war  ---  ein guter Tag.

Ich stand gegen 07:00 auf unserer Terrasse. Hatte einen dampfenden Kaffee in der linken und eine Zippe in der rechten Hand. Konnte mir aussuchen, wann ich mit der Arbeit beginne. War mal nicht verkatert. Habe trainiert. War gegen 09:00 Uhr fertig angezogen und blickte erneut von der Terrasse auf das Hinterland. Pferde wurden longiert. Die Sonne stand direkt über dem Fluss gegenüber vom Haus. Nebelschwaden hüllten Reiher und diebische Elstern in Watte ein.

Ich hatte einen Termin beim Friseur und Barbier. Konnte mir nicht nur aussuchen, was ich heute anziehe. Konnte auch entscheiden, ob ich vorher oder nachher frühstücke. Und wenn --- sogar was und wie viel.

Und ich putzte mich heute mal raus. Weil ich es kann. Oberstes Bord. Mal keine kurzen Hosen. Heute mal im Anzug … mit echten Lederschuhen. Diese, die auf dem Asphalt so schön klacken. „Hört Ihr Leut … ich komme des Weges!“

Vom Barbier gefertigt – nicht ohne Getränke und erzwungenem Small-Talk – ging ich meinen Weg zurück. Gut sah ich aus. Beseelt ob meiner Möglichkeiten. Beschwingt, da ich mir meinen weiteren Tagesablauf aussuchen konnte. Erfreut, dass die Sonne immer noch da war.

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Und dann saß er da.

Dieser Bettler. Mit einem reinrassigen Magyar Vizsla (ich sehe so etwas!). Der seinen riesigen Kopf auf dem Oberschenkel seines Herrchens gebettet hatte und in eine schmuddelige Decke eingehüllt war.

Der Hund schaute mich an. Meine Lederschuhe klackten laut. Ein riesiges Exemplar von Hund. Mit passend riesigen Augen. Noch im Gehen … noch weit vor dem Bettler, hatte ich schon Kleingeld aus meiner Hosentasche gefischt und machte mir eine Zigarette an.

Ich warf das Geld in die Büchse. Der Mann schaute mich an. Keine 30 Jahre alt. Vom Aussehen eher Mitte 40. Ich sagte, noch bevor das Klirren der Münzen verklungen war „Nicht für dich – für den Hund!“ Er lächelte und hatte Augen wie Terence Hill. Stechend hellblau „Schon klar --- für wen auch sonst!“ Ich lächelte zurück. Der Mann schaute auf meine brennende Zigarette. „Hast Du eine für mich --- mein Hund raucht nicht!“ Und er lächelte wieder …

Ich war aber schon im Gehen. Schaute mich auch nicht mehr um. Nur weg. Den Codex meines Vaters hatte ich erfüllt. Ich hatte ja nur über den Hund gesprochen. Nur für diesen großen Hund etwas „gespendet“.

20 Meter weiter war ein Kiosk. Ich brauchte noch Zigaretten. Nahm gleich zwei Schachteln. Und brachte eine davon zurück zum Penner. Ich weiß nicht warum. Ich weiß auch nicht, warum ich den Satz abgab: „Mach was draus!“ Was soll man schon aus einer Schachtel Zippen machen. Ein Haus bauen? Völliger Nonsens diese Aussage …

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Gute drei Stunden später machte ich wieder meinen gewohnten Spaziergang. Ich kann es mir aussuchen. Ich kann meine Zeiten wählen. Mitten im Wald fiel mir dieser riesige Hund als erstes auf. Einen Augenblick später erneute die Augen von Terence Hill. Ihm saß eine völlig abgehalfterte Dame gegenüber. Und er hielt die Schachtel Zippen der Dame feil …

Und sagte: „Es stört dich wohl nicht, wenn ich teile?“

Und dieses Viech von Hund bellte nicht. Trotzdem ich den Bereich seines Herrchens betreten hatte. Und er rieb seinen Sabber an meiner Jeans ab. Und ich tätschelte seinen riesigen Kopf.

Alles war gut. Für den Bruchteil eines Moments. Im Herbst 2023