Die Königin von Saba

Neues Lager - neues Glück

Sitze hier in mitten von Kartons. Ziemlich genau 212 Kartons an der Zahl. Sauber verstaut. Ready for take-off. Ganz großes Kino. In gut 4 Tagen einen Umzug bewältigt, der digital sozusagen am offenen Herzen vollzogen wurde. Bis Freitag 15h haben wir noch von Köln aus versendet - am Sonntag/Montag hätten wir schon von Leverkusen aus versenden können. Leider war Karneval in NRW. Aber das ist eine gänzlich andere Geschichte …

Rückblick

Ich hatte eine geile Kindheit. Leider Null Verhältnis zu meiner Mutter - aber eine bombastische Kindheit. Meine Mutter war einfach ein Monster. Ein absolutes Monster im Verkauf. Im Sale am Kunden. Damals 1970-1990 gab es das INTERNETZ noch nicht wirklich. Alles wurde offline erledigt und wer nicht wirbt, der stirbt halt.

Die selbsternannte „Königin von Saba“ hatte alles im Griff. Diverse echte Nerz- und Fuchsmäntel. Immer auf einer 12-15cm Hacke unterwegs. Beine bis zum Hals und ein Lächeln, welches jeden Kunden - jede Kundin schon vorab aus der Bahn geworfen hat. Schon bevor die erste Silbe ihren perfekt gestylten Mund verlassen hat.

Meine Dynastie - also meine Mutter - war im Segment DOB, Hüte aus eigener Produktion und Brautkleider unterwegs. Gelernte Schneiderin im Kriegsgebiet der Jahre 42-45 in Berlin mit eigener Fabrik im Alter von 21 mit zig Angestellten. Nach Enteignung ihrer Firma zum Waffenbau über das Eis der Ostsee abgehauen und in Dithmarschen - am Arsch der Heide - ab 1961 einen Laden hochgezogen, der wirklich einzigartig war. Selbst Hamburger Bräute sind ins Exil nach Schleswig/Holstein gefahren (damals gab es die A23 noch nicht!), um hier entsprechend beraten zu werden. Chapeau!

Geht oder geht nicht

Man kann sich sicher vorstellen, welche Verluste/Risiken/Ängste und dadurch Zweifel am Selbstbild wie auch dem Geschäftsmodell in diesen Jahren angesagt waren.

Nicht so bei meiner Mutter. „Ab dafür“ oder auch #abgehtderfuchs. Das war meine Mutter! Tablettensüchtig. Uppers zum Hochkommen - Downers zum Schlafen können. Jederzeit für jeden ansprechbar. Für Medien mit Termin im High-Society-Outfit.

Und der kleine Dirk (7-14 Jahre) lernte an ihrer Hüfte. Boh - was war die Frau auf Stilettos groß.  Die Kunden waren damals höchst erfreut, dass die kleine „Tochter“ die Kasse bediente. Drauf geschissen. Ich hatte halt schon damals lange blonde Haare bis zur Hüfte. 😊

Es muss so 1979 gewesen sein. Meine Mutter wollte unbedingtan die Peripherie. An den damals größten Marktplatz Deutschlands (https://bit.ly/2T7OtjC.)

EIER 1. Punkt Null

Gesagt - Getan. So war meine Mutter! Einen Laden gefunden inkl. Regalen und PiPaPo für den Offline-Abverkauf. Es war ihr völlig egal, dass Visavis eines der damalig größten Kaufhäuser Dithmarschens die Pforten offen hatte. EGAL - ich bin die Königin von Saba!

Es war ein Freitag - ich weiß es! Ich hatte Training und mein Vater holte mich ab. Wir hatten einen Termin in der Stadt. Meine Mutter saß im Auto und ihr Hut sprengte den gesamten Vordersitz. Was für ein Teil. Naturgemäß weiß ich als Kid nicht, worum es eigentlich geht. Aber es musste wichtig sein. Die gesamte Fahrt wurde kein Wort gesprochen. Ich versuchte einmal, meine Erfolge beim Training anzubringen - Eisesstille!

Am neuen Laden angekommen merkte ich natürlich, wie groß und aufrecht meine Mutter über die Straße schritt. Sie ging nicht - sie schwebte! Der Inhaber empfing uns und ich habe den Wortlaut noch heute in den Ohren: "10.000 DM für alle Regale, die hier noch sind!"

Meine Mutter schaute ihn an und sagte - mit einer Eiseskälte: „Reis raus den Schmutz - ich brauch den Kram nicht!" Mein Vater versuchte zu vermitteln: „Die ganze Werbung - wir machen Montag auf - wohin mit der Ware - was soll werden?"

Meine Mutter würdigte meinen Vater und den EX-Inhaber nicht eines Blickes und dreht sich auf dem 15cm-Absatz einfach um: "Reiß raus den Mist!" …. Und ging!

Eier 2. Punkt Null

Ich habe meine Mutter von diesem Freitag bis zum kommenden Mittwoch nicht mehr gesehen. Sie hat „natürlich“ am Montag eröffnet. Aus Pappkartons vom Boden aus! An einem Mittwoch Abend (ich hatte mal kein Training) kam sie durch die Tür. Ein Kleid mit unendlich vielen Taschen.  Schaufelte die DM-Scheine aus dem Mantel, dem Kleid, der Unterhose und dem Karton, den Sie unter dem Arm trug. Brach im Flur zusammen und kotzte sich die Seele aus dem Leib!

Eier 4. Punkt Null: Mutti  --> Danke für deine Eier!